Meine heutige persönliche Filmkritik:

Die Mumie
(2017)

Big-Budget-Horror-Komödchen würde ich es mal nennen. Im Prinzip gleicht die Atmosphäre ziemlich genau der Version von 1999, mit stellenweise etwas mehr klassischen Horror-Einwürfen. Technisch und formal erwartungsgemäß auf Top-Niveau (wobei es mir ein paar berstende Scheiben zu viel waren), in Handlung und Inszenierung entsprechend eher seicht. Der Unterhaltung tut das keinen Abbruch. Ich habe mich nett amüsiert, bin bei den zahlreichen lehrbuchgemäß inszenierten Schockmomenten angenehm im Sitz aufgesprungen, und habe antike Untote beobachten können (für meinen Geschmack stellenweise zu viele und zu lange Sequenzen), denen die Fetzen vom Leib hängen.

 

Naturgemäß geht es um Übernatürliches, von daher muss man sich auf die Gegebenheiten von 'Zufällen' bzw. Schicksal und Vorsehung einlassen (z.B. gezielter Ort des Flugzeugabsturzes durch Vögel). Und dass es am Schluss noch einen bedeutungsschweren Monolog/Dialog mit anschwellender Musik geben muss, scheint im zeitgenössischen Action-Kino, das zumindest als Rausschmeißer noch etwas Tiefe etablieren möchte, ja schon eine Zwangsmaßnahme zu sein. Insgesamt betrachtet für mich ein Streifen zur einmaligen spaßigen Betrachtung ohne Wiederholungsbedarf. Die Musik ist routiniert und 'klassisch' passend, die Gruselakzente sind schön gemacht und funktionieren einwandfrei. An einigen Stellen sehr nette Instrumentierung (ich glaube beim ersten Gang durchs Labor).

 

Was ich ziemlich gelungen fand, war der Schnittstil bei mehreren Szenen mit Ahmanet, wenn Gegenwart, Vergangenheit, London und Wüste, Wirklichkeit und Einbildung verquickt werden. Mein Lieblingsschnitt: Ahmanet lädt Nick mit einer Armbewegung zu sich, und das in nächtlicher Absturzstelle (Gegenwart) sowie Wüste (Vergangenheit und Gleichzeitig Einbildung). Keinerlei Effektschnitt an sich, aber eine ganz tolle Wirkung.

 

Mit Russel Crowes Rolle (zum genauen Charakter will ich nichts spoilern) und seinem Gefolge wurde eine interessante Gruppierung und damit ein interessanter Aspekt mit eingebracht, bei dem mir gleich in den Sinn kam, dass dies sogar die eigentliche Rahmenhandlung für die Geschehnisse in Die Mumie sein könnte. Beim Nachlesen hat sich das dann auch tatsächlich bestätigt. Laut IMDb ist geplant, eine Filmreihe zu etablieren unter dem Überbegriff 'Dark Universe'.

 

Set Design von Gräbern und Gruften ist ansprechend, aber gewohnt.

 

Ein Gimmick bei Filmen mit Tom Cruise ist seit einiger Zeit ja, dass er seine Stunts überwiegend selber macht, und oft ist ja auch schon im Vorfeld ausgiebig bekannt, was für eine abgefahrene Aktion er nun wieder gemacht hat: An der Außenfassade des höchsten Gebäudes der Welt klettern (Mission: Impossible - Ghost Protocol), außen an einem startenden Flugzeug hängen (Mission: Impossible - Rogue Nation), oder dieses Mal – nicht ganz so offensichtlich – 64x einen Parabelflug mitmachen, um in echter Schwerelosigkeit durch ein Flugzeug geschleudert zu werden. Des Weiteren rumpelt er auch vom Dach eines einstürzenden Hauses, und rast mit einem Krankenwagen durch den Wald. Ziemlich cool für einen, der 'nur' Schauspieler ist, und kann alles in den einschlägigen Making Ofs nachgeschaut werden.

 

Der größte Hingucker im Film war die Mumie höchstselbst: Sofia Boutella, rein optisch für mich das interessanteste Kino-Gesicht der letzten Zeit, und Mimik hat sie auch drauf, Bewegung sowieso (sie ist ja Tänzerin). Exzellent gecastet für die Rolle, denn als antike Prinzessin mit dem ägyptischen Schminkstil (harte Linien um die Augen, unten stärker als oben) sieht sie sooo wunderwunderschööön aus, aber gleichzeitig auch so herrlich geheimnisvoll und hinterlistig, und als widerlich zerfetzt angeschimmelte Wiedergeborene passt ihr eigenartig durchdringender Blick so irre gut! Ich finde sie passt einfach grundsätzlich super in eine exotische Maske, so wie auch schon in Star Trek: Beyond, dass es eine Freude ist (oder auch ein angenehmer Grusel, je nach Situation), sie anzusehen. Sie hat ja kein 'makelloses' Gesicht im Sinn von Symmetrie oder klaren Linien: Relativ weit auseinander stehende Augen, relativ breite Nase, und dann diese eigenartigen Lippen… Ganz zauberhaft! Vor allem im Profil empfinde ich ihren Anblick hypnotisch, beim direkten Blick bin ich dann eh schon in Ohnmacht gefallen… Gerade dieser ganz bestimmte direkte, mit leicht gesenktem Kopf und herablassend-süffisant angedeutetem Lächeln penetrant starrende Blick voll grausamer Seduktion passt eben genau zum Charakter der Mumie (einfach gestrickt, aber eben einfach nur böse), und Sofia Boutella hat ihn einfach schon ganz automatisch naturgegeben.

 

Genug der Schwärmerei, ein hübsches Gesicht macht natürlich noch keinen guten Film, aber bei dem hier vorliegenden Genre ist es weder Geheimnis noch Tabu, sondern vielmehr prägender Bestandteil des Stils an sich, dass große Schauwerte (Effekte, Sets, Farbgebung, Menschen, …) einen massiv grundlegenden Stellenwert einnehmen (was in leider viel zu vielen Produktionen gerne mal in ein übertriebenes Maß abdriftet), um den Zuschauer mit einem möglichst vollendeten optischen Genuss zu verwöhnen.

Um abschließend einen Aspekt davon exemplarisch und natürlich rein zuuufällig herauszugreifen: Danke, Sofia!  

Sascha Loffl - Filmemacher

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