Meine heutige persönliche Filmkritik:

Godzilla
(2014)

Die Schwierigkeit bei solchen Filmen bzw. Filmreihen ist ja: Im Prinzip ist völlig klar was passieren wird. Man kennt die Geschichte, man kennt das Monster, und man weiß, dass viel zu Bruch gehen wird. Daher scheint so ein Remake/Fortsetzung nur noch damit reizen zu können, WIE etwas (= die bekannte Geschichte) geschieht. Und für meinen Geschmack ist dieses WIE hier exzellent gelungen. Nicht zu weit von der Vorlage entfernt, aber auch nicht altbacken abgelutscht. Und in ein Genre eingeordnet, das mir angenehm erschien – sozusagen ein Anti-Transformers-Film: Riesenkolosse und viel Zerstörung bieten beide, aber der eine ist bunt und schillernd und bietet coole Sprüche in brenzligen Situationen, Superzeitlupen und heroisch überladene Musik. Godzilla nimmt sich hier ernster, was ich mutig finde, denn sowas kann bei so einem Thema gerne mal unfreiwillig komisch wirken. Mir ist kein einziger flotter Spruch aufgefallen, das heißt aber nicht, dass alles von monoton geschwollenem Gerede dominiert wird. Es heißt vielmehr, dass eben ein 'realistischer' Ansatz gewählt wurde. 'Realistisch' muss man natürlich innerhalb seiner Filmrealität verstehen. Und hier funktioniert es für mich einwandfrei. Der klassische Vergleich Mensch gegen Natur wird auch innerhalb der Handlung direkt und wörtlich so behandelt, und auch durch das Kraftwerksunglück und den Tsunami (der ja hier nur ein Nebeneffekt war…) passend aufgegriffen.

 

Passend dazu ist der Ablauf nahezu nüchtern dokumentarisch, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Das gefällt mir sehr gut, wobei wir gleich bei den Effekten sind: Exzellent! Ich wette auf eine Oscar-Nominierung für die besten Visual Effects, und evtl. für beste Kamera. Denn es ergibt eine tolle Melange, wenn bombastische Materialschlacht nicht unnötig in den Vordergrund gerückt wird, sondern eher einfach so halt passiert. Wenn also nicht nochmal mit Superzeitlupe und fünf Schnitten an das splittende Glas herangesprungen wird, sondern das Geschehen in einer schönen dezenten Kameraeinstellung gemächlich geschnitten betrachtet wird. Meine Vorliebe dafür habe ich bestimmt bei einigen Filmkritiken schon genannt (z.B. Krieg der Welten). Dazu kommt, dass es geradezu vermieden wird, die Monster ganz zu zeigen. Was dem Film sehr gut tut. Denn einerseits macht es das unterschwellig spannender (der Regisseur verweist selbst auf Der weiße Hai: Weniger zeigen ist oft mehr), andererseits bewahrt es davor, in die Monster-Gewalt-Spektakelschiene abzudriften. Und darüber hinaus verdeutlicht es umso mehr die irren Größenverhältnisse im Sinn von 'das Vieh ist so groß, es passt nicht mal ins Bild'.

 

Das ist ein weiter Aspekt, der bei mir sehr gut ankam: Auf zurückhaltend unterschwellige Weise wurde deutlich: es geht immer noch größer. Und dabei wurde elegant mit Erwartungen gespielt. Zum Beispiel bei einer Szene, in der erst eine Bahn zum Flughafen vom Monster zerlegt wurde, dadurch ein Flugzeug explodierte, daraufhin ein zweites einen riesigen Feuerball entfachte, und dann erst kam nur ein Bruchteil eines Monsterbeins ins Bild. Das ganze in einer einzigen totalen Einstellung aus der Sicht eines Anwesenden durch das Glas im Flughafengebäude. Schön. Wenn die Zerstörungsorgie in der Stadt erst mal losgeht, sieht man vieles oft nur noch undeutlich durch Rauch und Ruß, was eine tolle Stimmung bietet, und auch wieder Möglichkeiten bietet, das gesamte Tier nicht zu zeigen.

 

Die Qualität der Effekte wirkt absolut glaubwürdig (was man erwarten darf), mit vielen Details, was insofern die überragende Qualität bestätigt, da es sich ja um solch absurde Szenerien in ebensolchen Dimensionen handelt: Haushohe Monster, die andere Monster in Hochhäuser werfen, oder Kriegsschiffe und Flugzeuge, die auf dem Monsterrücken umhergewirbelt werden. Wirklich grandios und beeindruckend!

 

Der Regisseur nennt als seine Vorbilder und Einflüsse u.a. Steven Spielberg. Ich behaupte, das hätte ich auch bemerkt, wenn ich es nicht gewusst hätte. Rein stilistisch gibt es sicherlich zwei Hände voll direkter Anspielungen, Szenerien und konkreten Zitaten aus z.B. Jurassic Park I & II. Diese funktionieren wunderbar dezent und wirken keinesfalls als stupide Klauerei, da sie in Szenen geschehen, die an sich auch dem Original ähneln. Zum Beispiel der Schulbusfahrer auf der Brücke: Er wischt die beschlagene Scheibe sauber, nachdem das furchteinflößende Geschrei ertönt und die Leute erstarren. Diese Einstellung verstehe ich als Zitat aus Jurassic Park, als Jeff Goldblum dasselbe tut, als der T-Rex den Wagen mit den Kindern angreift. Passt von der Szenerie, passt von der Stimmung, und Spielberg ist eines der Vorbilder – das erscheint mir plausibel.

 

Godzilla ist schön designt, und das andere Monsterpaar erst recht: Das ist wirklich hervorragend widerlich und abstoßend! Dennoch wurde ganz offensichtlich versucht, Tiere zu zeigen, und keine Monster. Klar ersichtlich z.B. am Verhalten der 'Bösen', als das Männchen dem Weibchen das Futter (= die Bombe) ans Nest bringt.

 

Die Musik lehnt sich für mein Empfinden an den pompösen Stil aus der Zeit der ersten Godzilla-Filme an, was gut funktioniert. Darüber hinaus ist sie stellenweise überraschend anders eingesetzt, als man erwarten würde.

 

Die Familienbeziehung mit Frau und Kind empfinde ich als belanglos eingefügtes Pflichtprogramm. Ich will damit um Himmels Willen nicht sagen, dass in so einen Film keine Emotionen reingehören, weil ich nur Geballer sehen will. Keinesfalls! Aber die hier vorliegende Nebenhandlung bietet mir in ihrer Gestaltung einfach keinerlei zusätzlichen Tiefgang. Ich ordne den Film also klar nicht als Drama ein, sondern als relativ neutrale Schlachtendoku. Und als solche funktioniert er ganz hervorragend und überraschend frisch und anders.

Inhaltlich nett fand ich außerdem die Erkenntnis, dass die Atombombentests ab den 40ern schon damals geheim gehaltene Versuche waren, das aufwachende Monster zu vernichten. Ich habs schon immer gewusst!

 

Insgesamt also Bombastkino ohne unnötigen Bombast, da es sich eher um dezenten, beiläufigen Bombast handelt. Und das das hat mir gefallen. Wer bei Filmen, die von 200 Meter großen Urzeitmonstern handeln, die Atombomben fressen, grundsätzlich 'Unrealistisch!' aufschreit, ist hier natürlich falsch.

Sascha Loffl - Filmemacher

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