Meine heutige persönliche Filmkritik:

Papst Franziskus -
Ein Mann seines Wortes
(2018)

Filmisch handelt es sich um einen Dokumentarfilm in klassischer Machart, handwerklich solide gefertigt und ansprechend präsentiert - mit einigen eingestreuten Spielszenen, ansonsten Archivmaterial und gelegentlichem Off-Sprecher. 

 

Es sind immer wieder sehr beeindruckende und gleichzeitig ergreifende Bilder dabei, vor allem bei den Außenterminen, wenn der Papst in einer für mich persönlich unheimlich mutigen Art auf unterschiedlichste Menschen trifft, scheinbar in völliger Abwesenheit jeglicher Berührungsängste (menschlich wie physisch). Was den Film letztendlich fesselnd macht, ist die Präsenz von Franziskus und das was und wie seiner Aussagen. Wim Wenders lässt ihn direkt in die Kamera sprechen und auch ausschließlich ihn, was formal natürlich eine gewisse Einseitigkeit befürwortet. Ein wohlwollender Grundtenor ist damit gesetzt, driftet aber nicht in Lobhudelei ab. Einerseits dadurch, dass Aktionen nicht heroisierend, pompös oder überhaupt in wertender Art kommentiert werden, sondern die Kommentare wenn überhaupt eher erzählerisch eingesetzt sind. Und andererseits aufgrund der Tatsache, dass es über die größte Laufzeit ohnehin nur die eigenen Worte des Papstes sind, die durchaus (selbst-)kritisch und weitblickend sind. Der Mann hat ein sehr entwaffnendes und im angenehmen Sinn einnehmendes Charisma. Ich persönlich habe ihn als sehr authentisch und sympathisch empfunden, und in seiner Wortgewandtheit hat er mich persönlich auch inhaltlich sehr berührt.

 

Das Interessante ist, dass der Film überraschend wenig von Religion und Kirche handelt. Denn was der Papst da so alles sagt, ist größtenteils 'nur' eine erstrebenswerte universelle moralische Wunschvorstellung von einer friedlichen Welt, ohne angestaubte Kirchenklischees. Zwar bin ich selbst kirchlich überhaupt nicht aktiv und empfinde mich auch nicht konfessionell gläubig - von daher kann ich das auch nur oberflächlich bis gar nicht beurteilen - aber auch wenn Kirche für viele heutzutage eine überholte Duselei ist oder gar ein aktiv abzulehnender Dorn im Auge: Kann ein aufrichtiges und wohlwollendes Bestreben nach Frieden und Liebe jemals falsch sein? Zu berücksichtigen ist: Die Dokumentation porträtiert den Menschen im Amt, und nicht die Gesamtheit der Kirche (was ohnehin niemals möglich wäre), daher liegt die gefühlte Gegensätzlichkeit zwischen Theorie und mancher Realität natürlich in der Natur der Sache, und stellt keinen Widerspruch dar. Und die Ausgestaltung der Überzeugungen dieses Menschen im Amt sind eben wie erwähnt größtenteils unabhängig von Religion. Ich würde zwei Sachen behaupten: Wenn man die Abschrift der Interviews lesen würde ohne den Kontext zu kennen, und alle konkreten Verweise zu Gott und Kirche entfernt worden wären, würde 1. nicht gravierend viel rausfallen, und 2. auch leidenschaftliche Kirchen-Ablehner in den Inhalten als philosophische Überlegungen nicht viel finden, das ihnen aufstoßen würde. Oft ist es ja auch so, dass man dasselbe Argument anders empfindet, je nachdem, von wem es kommt. Dass niemand mehr hungern muss? Dass es erstrebenswert ist, kein Leid mehr durch Kriege zu verursachen? Dass massive Arbeitslosigkeit zu Perspektivlosigkeit und Unmut führt? Dass der Mensch in einer immer schnelllebigeren und rastloseren Welt gut daran täte, seine Ruhezeiten nicht zu vernachlässigen? Finde ich gut. Und viele andere sicherlich auch, zucken aber vielleicht zusammen, wenn es 'von so jemandem' kommt... 

 

Ich empfand den Film als sehr interessante philosophische Konfrontation, die nachwirkt. Eine klare Film-Empfehlung für jeden, der philosophischen Überlegungen zugeneigt ist (auch unabhängig vom kirchlichen Thema). Mein Lieblingszitat, als es um Humor ging (sinngemäß): 'Ich bete jeden Morgen ein Gebet von Thomas Morus. Das fängt schon lustig an: 'Schenke mir eine gute Verdauung, Herr. Und auch etwas zum Verdauen.' Und mit einem sehr sympathischen, schelmisch-verschmitzten Grinsen endet dann auch der Film.

Sascha Loffl - Filmemacher

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