Meine heutige persönliche Filmkritik:

Planet der Affen: Survival 
(2017)

Potz Blitz! Ich bin ja ganz hin und weg! Völlig überrascht im angenehmsten Sinn: Erwartet habe ich Popcorn-Geballer zwischen Haarigen und weniger Haarigen, bekommen habe ich eine unerwartet feinfühlig und einfühlsam erzählte Geschichte um Leid, Rache, Zusammenhalt und Zuversicht. Der Film ist herrlich ruhig erzählt, fast schon getragen, eingebettet in kleineren Krawall am Anfang und größeren Krawall zum Ende hin, was aber insgesamt nicht aus dem Ruder läuft, und somit einen stimmigen Bogen spannt.

 

Kameraführung und Schnitt passen sich dementsprechend an, agieren zurückhaltend, ohne Handgewackel oder wildgewordene Schnittfrequenz. Stellenweise Zeitlupen sind überwiegend stimmungsvoll und passend eingesetzt; über einige wenige heroisierende Zeitlupen kann man geteilter Meinung sein. Die innere Zerrissenheit Caesars fand ich glaubwürdig gestaltet, und bietet die ganze Bandbreite der 'dunklen Seite' Verlust, Leid, Furcht, Hass, Erkenntnis, usw., und das oft mit Anflügen von bedrückend grübelnder Melancholie – Tiefe eben, die ich in einem solchen Film so nicht erwartet hätte. 

 

Die Handlung und ihre Inszenierung beinhalten interessante, genreübergreifende Elemente, und ist ausgefeilter und tiefsinniger, als man im ersten Moment erwarten würde. Mir fallen Stichworte ein in Bezug auf Western, Rachedrama, (Anti-)Kriegsfilm, Gefängnisausbruchthriller, und natürlich das übergreifende Thema Rassismus, das sich eindeutig ausgearbeitet im KZ-ähnlichen Arbeitslager widerspiegelt, inklusive sadistischem Anführer und dem verdrehten Verweis, nichts aus der Geschichte gelernt zu haben - und auch Bahngleisen, die zwar keine Funktion in der Handlung haben, aber natürlich den Zusammenhang mit bekannten historischen Bildern im Kopf abrufen.

 

Die meisten Affen kommunizieren mit einer Art Gebärdensprache, was dazu führt, dass öfter auch mal nicht oder nur sehr wenig gesprochen wird. Das funktioniert einwandfrei auch ohne viele Worte, die Empfindungen und die entsprechende Mimik werden einwandfrei transportiert, trotz weniger 'gewohnter' Körpersprache, denn man sollte ja eigentlich annehmen, dass man diese bei einem Menschen auf Anhieb sehr viel routinierter interpretieren kann als bei einem (3D-)Affen.

 

Zu den Effekten habe ich nicht viele Worte. Die Affen sind einfach da. Echt. Es ist wirklich höchst beeindruckend, in welcher Qualität die Charaktere generiert wurden. Ich konnte mit ihnen absolut glaubwürdig mitfühlen. Ich tippe auf eine relativ sichere (weitere) Oscar-Nominierung.

 

Im Schlussgefecht wurden einige Aspekte dahingehend aufgebaut, dass es stellenweise einen leicht faden schicksalhaften Eindruck hinterlässt, im Sinn von 'das musste jetzt dramaturgisch so', aber es ist nicht so ausgeprägt, dass es wirklich negativ auffällt. Ich persönlich habe die Erkrankung & Selbstmord des Colonels so empfunden, und die Wandlung des affigen Schlägers letztendlich doch zum Guten, der sich opfert.

 

Der humoristische Sidekick funktioniert hervorragend, da er nie ins aufgesetzt Alberne abdriftet. Nein, er ist einfach durch seine Vergangenheit im Zoo und des langen, einsamen Aufenthalts in der Einöde ein etwas schrullig gewordener, aber dennoch sympathischer, herzensguter Schrat. Die kleine, aber sehr feine Rolle des kleinen Mädchens hat zauberhaft gepasst, und die junge Darstellerin hat ihre Sache mit Bravour gemeistert.

 

Die Schlussszene im neu gefundenen Zuhause hat für mich schon von der Location her einen sehr symbolhaften Charakter, weil man sich gleich in die Steinzeit zurückversetzt fühlt, und die Affen dort sehr heimisch wirken, so dass ich davon ausgehe, die Intention war, zu verbildlichen, dass nun tatsächlich ein neues Zeitalter der Erde aufgeschlagen wurde bzw. zurückgeschlagen wurde, nämlich das Zeitalter der Affen nach/vor dem Menschen.

 

Ein klitzekleines Aufstoßen empfand ich bei Caesars 'Sterben auf Stichwort'. Das finde ich in vielen Filmen einfach unnötig. Nicht das Sterben an sich, sondern dass der Charakter nach einem letzten bedeutungsvollen Satz dann auch tatsächlich beim Umkippten gezeigt werden muss. Gerade diese letzte Szene hätte für mein Empfinden so viel schöner enden können: Wie die beiden vertrauten Weggefährten und Freunde ihre offensichtlich letzten gemeinsamen Worte wechseln, in großer Trauer, aber auch großer Zuversicht, und es gab ja sogar diese eine Nahaufnahme von Caesars wundervoll verklärtem Blick über seine 'Herde' in ihrer neuen Heimat, die ausdrückt, dass sich die Zukunft letztendlich zum Hoffnungsvollen gewendet hat. Damit hätte ich aufgehört, und die letzte Gewissheit über den (sehr wahrscheinlichen) Tod offen gelassen.

 

Die Musik war überwiegend angenehm zurückhaltend, und besonders angenehm empfand ich es, dass auch beim Abspann nicht die pompöse Fanfare rausgeholt wurde, sondern die freudig zuversichtliche, aber dennoch getragene Stimmung sanft ausklingen durfte. Insgesamt also für mich eine echte Überraschung der angenehmen Sorte. Ich hatte einen wunderbares Filmerlebnis! Und der Hauch eventuell gefühlten Realismusdefizits beim Lawinenabgang wird beim freudigen Anblick des allerliebsten Bildes der geretteten, in den Bäumen klammernden Äffchen augenblicklich hinfortgerissen und zugeschüttet wie die Reste von Festung und Armee.

 

Zurück bleibt die Empfindung und die Erkenntnis, dass einem die Affen ziemlich ans Herz gewachsen sind. Nicht weil sie pelzig und auch mal niedlich sind (vor allem die Affenkinder), sondern weil man das Gefühl hat, sie kennengelernt zu haben. Und das ist eine große filmische Errungenschaft von Drehbuch, Darstellern, Regie und in diesem Fall in erheblichem Maß auch der VFXler. Glückwunsch und danke!

Sascha Loffl - Filmemacher

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